
Magic passiert beim Menschen!
Unter dem interessanten Titel “F#ck the Luck – Mit Daten im Sport und Marketing den Faktor Zufall verringern” fand am 23. Oktober 2019 im Lokal Kugeltanz an der Prater Hauptallee eine Diskussion auf Einladung der Österreichischen Marketing Gesellschaft statt. Zufall oder gewollt: Die Veranstaltung fand praktisch an der Strecke von Rekord – Marathonläufer Kipchoge statt.
Gleich die Keynote von Christian Heidenreich, Leiter Spielanalyse beim ÖFB, zeigte uns wie ähnlich die Herausforderungen von Daten im Sport und Daten im Marketing sind.
Heidenreich gab uns einen Einblick worauf es bei einer Spielanalyse des ÖFB Nationalteams ankommt, was bereits möglich ist und was eher nicht. Es geht – wie im Marketing – um eine ordentliche Erhebung, Verarbeitung und schlussendlich um die passende Interpretation der Daten.
Ähnlich wie im Marketing gibt es auch im Sport unzählige Methoden um Daten zu erheben und zu sammeln. Die Herausforderung besteht aber vor allem darin, diese Daten richtig zu verarbeiten und vor allem richtig zu interpretieren. Einfach ist das nicht, da die erhobenen Daten noch sehr unsauber sind, so dass verschiedene Messmethoden unterschiedliche Ergebnisse liefern.
Im Marketing sammeln wir derzeit auch Daten ohne Ende, vor allem im Digital Marketing. Viele Kanäle, wie etwa die sozialen Netzwerke stellen uns die Daten auch recht einfach zu Verfügung und verführen viele Menschen ohne entsprechende Kenntnisse in das Thema einzutauchen.
Eine echte Dateninterpretation machen jedoch nur die Wenigsten. Manfred Gansterer, Vorstand der Österreichischen Marketing-Gesellschaft, betonte, dass zwar Millionen von Daten vorhanden sind, in Österreich aber die Datenanalysten und Data-Scientiests fehlen, die damit auch wirklich etwas anfangen könnten. Hierzulande haben wir also kaum jemanden, der mit den Datenmenge umgehen kann oder in der Lage ist die Daten aus verschiedenen Kanälen sinnvoll zusammenzuführen.
Es klang durch, dass es wohl die künstliche Intelligenz benötige, um aus den Daten wirklich etwas Wertvolles zu machen. Diese lernt schneller und besser als jeder Mensch und kann mit viel mehr Daten auch in Echtzeit umgehen.
Interessant ist auch, was bei der Datenerhebung im Prinzip schon alles möglich ist. Im Fußball kann man mit Panoramakameras etwa Bewegungsmuster einzelner Spieler aufzeichnen und Laufwege inklusive Beschleunigungsmessungen bis ins kleinste Detail tracken.
Im Marketing erhält man vor allem auch über die Nutzung von Apps, alles vom User. Hier kann man ganz genau sagen, was der User vom ersten Moment der Verwendung einer App oder Website bis zur gewünschten Conversion macht. Natürlich kann man hier bei passender Interpretation Schlüsse ziehen und Maßnahmen optimieren.

Der Mensch hält sich nicht an Daten & Wahrscheinlichkeiten
Es wurde zum Beispiel auch über den xGoals (Expected Goals) Wert im Fußball gesprochen, welcher Aussagen über die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolges bezüglich der Aktion am Spielfeld treffen kann. Auf der anderen Seite wurde ausgeführt wie viele Marketingkanäle die Menschen inzwischen nutzen und was wir dort alles über sie erfahren können. Der Mensch ist schon viel gläserner als wir alle denken.
Von einem Faktor war fast bis zum Schluss aber keine Rede und der wird in den meisten derartigen Diskussionen auch – bewusst oder nicht – außer Acht gelassen. Es handelt sich dabei um den einzige Faktor, der einfach nicht in den Griff zu bekommen ist: Der Mensch selbst – mit allen seinen Schwächen und Stärken. Und wenn wir diesen betrachten, dann kommen wir sehr schnell an die Grenzen der Datenanalyse.
Im Fußball kann ein Spieler einen noch so guten xGoals-Wert haben, wenn er selbst nicht in der richtigen Spiellaune ist, wenn ihn etwas zwickt oder er einfach schlecht geschlafen hat, sind diese Werte alle zu vergessen. Und außerdem gibt es da ja noch den Gegner, der ebenso über diese Daten verfügt. Auch im Marketing feiern wir zwar über Daten Erfolge aber der Mensch verhält sich einfach nicht wie eine Maschine.
Gerade im Digital Marketing versuchen viele sich ganz auf Daten zu stützen, weil es natürlich schön ist wenn man Zahlen ganz einfach aufbereiten kann und vieles automatisiert erledigen kann. Man kann zum Beispiel durch “Look-a-Like” Audiences viel erreichen und hier gilt: je mehr Daten, desto besser auch das Ergebnis. Wenn man aber richtig erfolgreich sein will, dann muss man eben etwas anders machen wie die anderen, auch das entspricht den Lehren aus dem Sport.
Als ich genau diesen Gedanken, dass der Mensch außer Acht gelassen wird, aus dem Publikum heraus in die Diskussion einwerfen wollte, da begann Ex-Fußballer und Gründer des Startups “Playerhunter”, Manuel Ortlechner, zu meiner großen Freude auch auf der Bühne den Faktor Mensch ins Spiel zu bringen.
Er schilderte uns, dass wir durch Daten natürlich viel erfahren können und es die Spitze einfach noch mehr zuspitzt, aber ein Spiel wird auf der menschlichen Seite entschieden. Auch Lisa-Maria Moosbrugger, Brand Manager The Coca-Cola Company, erklärte was Coca-Cola alles messen kann. Dennoch ist es letztendlich eine zutiefst menschliche Entscheidung aus dem Bauch heraus, welche Marketingaktivitäten tatsächlich umgesetzt werden.
Für mich war das Highlight des Abends dann noch ein kurzes Gespräch mit Manuel Ortlechner nach der Diskussion. Ich sprach ihn an und dankte ihm für die Sicht auf den Menschen. Ortlechner entgegnete mir dem schönen Satz “Magic passiert beim Menschen.” Dieser Satz hat bereits Einzug in meinen Sprachgebrauch gehalten.
Ortlechner strich in unserem Gespräch über die Besten der Besten – von Barcelona über Red Bull bis hin zu Liverpool – auch heraus, wie wichtig die sozialen Kompetenzen der Menschen und vor allem die der Coaches und anderer Betreuer sind. Es geht auch um das Miteinander, die Teamperformance und damit auch um die entsprechende Community und die Kommunikation innerhalb dieser. Auch Playerhunter ist eine Plattform, die auf den Faktor Community und direkte Kommunikation zwischen den Beteiligten setzt.
So sehe ich es auch im Marketing – das beste Big Data Marketing versagt, wenn die beteiligten Menschen auf ihresgleichen vergessen. Das passiert derzeit vielen, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
Menschen die über digitale Kompetenzen und starke soziale Kompetenzen verfügen, sind rar. Kleinere Unternehmen – und wir haben in Österreich in Wirklichkeit fast nur kleinere Unternehmen – können vor allem über die menschliche Seite punkten und mit gutem Community Management sehr vieles erreichen.
Mein Fazit
Im Marketing ebenso wie im Sport zählen im Endeffekt die Menschen und das wird immer – zumindest noch so lange, wie sich der Mensch von einer Maschine unterscheidet – so bleiben. Es geht um Entscheidungen, die beim Menschen mit all seinen Stärken und Schwächen, passieren. Egal ob beim Torschuss oder beim Kauf einer Waschmaschine.
Gewinnen im Marketing und im Sport werden die, die für Überraschungen, Kreativität – für das Neue, das Unerwartete sorgen – für das, was man mit keiner Berechnung festlegen kann. Deswegen kann der gute Marketer genau dann gewinnen, wenn er sich gerade eben nicht nur an Daten hält, sondern ganz nahe beim Menschen ist, ihn wirklich verzaubern und begeistern kann. Arnautovic oder Ronaldo entscheiden Spiele auch deswegen, weil sie den unmöglichen Ball im Tor unterbringen und nicht, weil sie das wahrscheinlichste Tor machen.
Was ist also zu tun bevor du über BIG DATA nachdenkst? Investiere in deine Mitarbeiter, in deine Kunden, in deine Kommunikation, in die Community, in echte Beziehungen zu den Menschen – analog und eben auch digital. Vermittle und zeige soziale Kompetenz, begeistere – das funktioniert über starke, gelebte Werte, dem Um und Auf in der Marketingwelt.
MAGIC PASSIERT BEIM MENSCHEN – ALSO BEGINNE ZU ZAUBERN UND KÜMMER DICH UM DIE MENSCHEN!